Dreaming of a White Christmas

Laterne mit Weihnachtsbaum und Schnee im Inneren

Bald ist wieder Weihnachten. Dieses Großereignis assoziieren Viele mit Schnee und Kälte. Nicht so in tropischen Gefilden oder Ländern auf der südlichen Erdhalbkugel. Da macht man sich eben den Schnee selber (s. Bild, bei dem es sich eigentlich um ein Video handelt, wobei der Schnee seltsamerweise innen statt aussen fällt). Über diesen Widerspruch stolpere ich häufig, vor allem aber vor Weihnachten, das ich so oft in warmen Ländern verbrachte. Manchmal scheint mir, je geringer die Wahrscheinlichkeit auf Schnee, umso dichter ist das atmosphärische Auftreten von Weihnachts-Kitsch. Während bei uns die Sehnsucht nach Wärme steigt, ist es dort jene nach Schnee. Möglicherweise geht es aber auch hier um Wärme, nämlich der inneren. Und was erwärmt das Herz schneller als strahlende Kinderaugen im Kerzenglanz? Richtig, strahlende Kinderaugen zwischen Glitzerramsch – im Teenageralter gerne auch mal bei BijouBrigitte.

In solch einem Kitschladen stand ich kürzlich in Rio de Janeiro. Man stelle sich vor, draussen etwa 32°, die Menschen flipfloppen in klimatisierten Einkaufsgebäuden und das Erste worauf der Blick fällt, ist ein Laden, der die weiß gefärbte Auslage mit Lametta dekoriert. Da verknoten sich automatisch meine synaptischen Bahnen. Anschließend muss ich dort rein, und wussten Sie, dass es Lametta in gefühlt 48 verschiedenen Farbnuancen gibt? Ich wusste aber auch nicht, dass die Steigerung einer manuellen Schneekugel eine batteriebetriebene Schneelaterne ist. Jetzt könnte man lächelnd auf die Nordamerikanische Kultur verweisen, wo Menschen keine Stromkosten scheuen und während der langen Nächte ihre Häuser aussen stundenlang auf das Niveau erhellen, das meine Energiesparlampe im Klo erst 5 minuten nach Einschalten erlangt. Das wissen wir von Kevin, das machen wir aber nicht. Wir sind vernünftig und schalten Licht aus schon bevor wir ein Zimmer überhaupt verlassen wollen und vergessen dann das Zurechtgelegte im Dunkeln.

Im Hallmarkuniversum habe ich mit Kitsch auch keine Probleme, wo die doch traditionell Schnee besingen, während nebenan ein Indianer für Regen tanzt. In Rio erwarte ich anderen Kitsch. Da werden Havaianas im metallic look verkauft, in Japan gibt es die Winkekatzen mit Silberüberzug und in Tonga ist einfach alles aus blinkendem Plastik. Aber bitte, in meinen Wärmesehnsuchtsorten braucht’s doch keinen Schnee. Der wird schnell zu grauem Matsch, manchmal auch zu gelbem, die Pampe behindert das Gehen oder gar Radfahren und ist insgesamt ein Sinnbild für Frieren. Das macht mir keinen Spaß. Ich vermute manchmal, für die Südhalbkugelbewohnenden besteht Schnee nicht aus gefrorenem Wasser, sondern aus Styropor, in das sich auch in kurzen Hosen gelegt werden kann. Das können sonst nur Finnen und Eskimos. Dort wiederum wünscht sich niemand Schnee, weil der viel Arbeit macht.

Dieses Jahr bin ich übrigens zur Abwechslung mal in Singapur, die Stadt der Plastikbuddhas und Lichterketten. Da wird jeden Monat in einem anderen Bezirk die Ankunft eines Gottes gefeiert und Kitsch klerisiert. Natürlich darf dabei Lametta nicht fehlen. Aber Schnee habe ich noch in keinem Tempel gesehen.

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