Sleepwalking

Es gibt so Tage, da bin ich zu nicht mehr als schlafen in der Lage. Meistens sind das nicht die Tage nach einem Langstreckenflug, sondern ein, zwei danach. Das ist erst mal nicht ungewöhnlich, doch seit einiger Zeit schlafen meine Hände und Arme vor mir ein und wachen nach mir auf. Zunächst fühlte sich das an, als ob sie nicht zu mir gehörten, dann tat es weh. Der Ortho fragte heute, ob ich wohl viel Zeit vor dem Bildschirm verbrächte und wies mich darauf hin, dass mein Nacken verspannt aka die Halswirbel da nicht richtig säßen. Sowas geht mit manueller Therapie oft weg. Meine Baustelle sind aber die Knie, Füße und auch weitere Körperteile. Ich fürchte, ich kann mich nicht entscheiden, was ich zuerst behandeln lasse.

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Wenn ich unproduktiv bin – was sehr häufig vorkommt – muss ich mich dafür vor anderen manchmal rechtfertigen. Ja, ich habe oft Tagesfreizeit und nutze die für gelegentliche Mittagsschläfchen von 1-3 Stunden. Nach ein paar Jahren Selbstreflektion kann ich das vor mir selbst ganz gut vertreten, ja sogar explizit genießen. Die Frage ist halt, wieso ich mir jemanden an meiner Seite wähle, dessen Selbstwert aus Leistung entspringt. Ich glaube nicht, dass ich noch erörtern muss, warum ich in diesem Fall viel Freiraum aka Abstand suche.

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In einem Laden in meiner Straße steht ein Spiegel. Alter Dekorateurinnentrick, denn die Leute bleiben fast immer davor stehen oder werfen zumindest einen Blick beim Vorbeigehen hinein. Manche drehen sich oder richten sich unwillkürlich auf, andere legen eine Hand auf den Bauch oder greifen in’s Haar. Ein Mädchen bleibt stehen, wendet sich in verschiedene Richtungen und geht danach beschwingt weiter. Ich wäre gerne diese Person, die der Blick in den Spiegel froh macht. Den Spiegel im Flur meide ich kleiderlos schon seit einiger Zeit. Alter Verdrängerinnentrick, denn wenn ich nicht stehenbleibe, geht’s weg.

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Werde ich nach meinen Errungenschaften gefragt, die mich besonders stolz machen, nenne ich ohne zu zögern meine emotionale Entwicklung vom Reaktionsbündel zur selbstbestimmten Frau. Eine Anhäufung von Reichtum oder Luxusartikeln, ein Haus, ein Auto, ein Boot müssen zwar ebenfalls gepflegt werden, doch sie sind längst nicht so vergänglich wie körperliche oder charakterliche Attribute oder andere Fertigkeiten. Die wollen jeden Tag trainiert werden, um den Status Quo zu erhalten. Einmal für längere Zeit nicht aufgepasst, falle ich in alte Verhaltensmuster zurück oder entlehne mir das, was andere aus Bequemlichkeit tun. Ich empfinde das als äusserst lästig, ja fast ungebührlich. Mein spirit animal ist ein Faultier. Ein Faultier auf Speed, dem ständig Dinge einfallen, die es noch tun wollte, nur um sie dann wieder zu vergessen und stattdessen den Hang hinunterkugelt. Also eigentlich ein Affe. Monkey business as usual.

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Heute bei der Physio wieder an den Gorillatrail gedacht. Die Achillessehne tut noch weh. Alles für diesen Moment.

Pic @Phil W.

2 Gedanken zu „Sleepwalking“

  1. Zur Reihenfolge der Baustellen: von unten nach oben.
    Wenn Füße/Knie/Hüfte nicht passen, wird ob der Fehlstellung der Nacken immer wieder verspannen. Andersrum ist es den Füßen relativ egal, ob man verspannte Schultern hat.

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