One Summer’s Day (Teil eins)

Gründe für’s Bloggen gibt es so viele wie Schreibende. Ich bewundere Jene, die täglich ihre Erlebnisse festhalten genau wie ihre in Abständen veröffentlichten, unglaublich wortgewandten, witzigen oder informativen Beiträge. Eigentlich möchte ich genau das auch tun: meine Erlebnisse täglich wortgewandt und unterhaltsam festhalten. Doch das funktioniert bei mir nur, wenn ich mich nicht – bewusst oder unbewusst – an anderen orientiere oder mich gar mit ihnen vergleiche. Das führt nämlich nur dazu, dass ich es bleiben lasse. Andererseits hätte ich gerne ein persönliches Erinnerungsbuch, in dem ich jederzeit blättern kann – das ist übrigens auch der Grund, weshalb ich mich so schwer tu beim endgültigen Löschen meines Igramprofils. Zudem kann ich meine Gedanken beim Aufschreiben besser sortieren (Illustration leider ohne Autorenschaft gespeichert).

Und weil ich gerade sehr viel Schönes erlebte, wird jetzt einfach rostig drauflosgetippt. Es ist nämlich so – und da muss ich leider ein wenig ausholen – dass eine gute Freundin den Kontakt suchte. Unsere Freunschaft begann mit dem ersten Schultag und endete ein paar Jahre nach dem letzten. Ich litt lange unter dem Ende der Freunschaft, vor allem, weil ich mir die Schuld daran gab. Als dann die ersten Nachrichten zunächst per Mail und dann per SMS eintrudelten, wollte ich besonders vorsichtig sein, um sie nicht zu überfahren, wie es sonst meine Art gewesen wäre. Irgendwann im März trafen wir uns also nach langer Zeit zum Kunst gucken in Nürnberg. Wir stellten fest, dass wir beide noch nie im Franz-Marc-Museum in Kochel a.See gewesen waren und nahmen uns das zum Ende ihres Sommerurlaubs auf ihrer Rückfahrt vor.

So saß ich vorgestern also nicht nur bei brütender Hitze in einem schön klimatisierten aber leicht verspäteten Regionalzug, ließ mich beim Ausstieg von wanderbeschuhten Rentnern und Rentnerinnen an der Türe schubsen, erreichte dennoch als erste den Anschlussbus, wurde vom Fahrer an der betreffenden Haltestelle ignoriert und musste von der nächsten auf erhitzter Asphaltstraße gegen kurvenschneidende SUVs zurücklaufen, sah viele Originalgemälde und die Aussicht von Franz Marcs Wohnhaus, aß Käsekuchen unter der vom Sonnenschirm aufgestauten Hitze, wurde in den Knöchel gestochen, tauchte diesen in kaltes Seewasser, fuhr noch vor dem eintretenden Gewitter zurück, erkämpfte für uns trotz unter Regenschirmen und Pergola wartender Menschenmenge zwei Plätze im Schnitzelgarten, verdrückte ein tellergroßes Schnitzel, fiel dann am Abend sehr schwer ins Bett und schlief ausnahmsweise auch durch, nein, ich informierte mich tags zuvor auch in Podcasts und Artikeln über seine Lebenszeit, ordnete dann den Tod Bismarcks fälschlicherweise dem Geburtsdatum Marcs zu, erinnerte mich an den Dreissigjährigen Krieg, kam nicht auf den Namen Paul Klee, musste auch sonst viel online nachlesen, prahlte aber dennoch mit unnützem Wissen und wurde in anregenden Berichten von gemeinsam und getrennt erlebter Vergangenheit auf den neuesten Stand gebracht.

Alles in allem also trotz belastender Temperaturen ein erlebnisreicher und schöner Tag. Und morgen erzähle ich, wie wir den nächsten Tag ganz ohne Schirm bewerkstelligten.

6 Gedanken zu „One Summer’s Day (Teil eins)“

  1. Und als mindestens der größte lebende Franz-Marc-Fan freue ich mich co, weil ich mir nichts anderes vorstellen kann, als dass das alles ganz ganz furchtbar toll war.
    Und hoffe, dass wenigstens ein Teil meines Hanges zu Übertreibungen zutrifft 🙂

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Frau Klugscheisser Antworten abbrechen

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner