Travelling without Moving (2)

Nie hätte ich gedacht, dass das Organisieren einer Reise so anstrengend und zeitintensiv sein kann. Denn um gut zu organisieren, muss man erst mal recherchieren. Wo sind die schönsten Orte? Wer hat die niedrigsten Preise? Wo ist gute Betreuung wahrscheinlich und was scheint überhaupt innerhalb des Zeitrahmens machbar? Allen Anfang macht immer eine große Suchmaschine, deren frühere Funktionalität ich inzwischen schmerzlich vermisse. Nach ein paar Fehlversuchen fand sich eine passende Reiseagentur. Ein erstes Sondierungsgespräch ergab den ungefähren Entwurf sowie einen im Verhältnis nicht unrealistischen aber hinsichtlich des Etats stratosphärischen Preis. Was zunächst nur enttäuschend schien, wurde im Verlauf der Verhandlungen noch zur Herausforderung. Die Erkenntnis, dass mit Beauftragung einer Agentur mein Arbeitsaufwand nicht obsolet würde, ließ mich zunächst ein wenig verzweifeln. Nach Wochen kann ich nun behaupten, es zieht so viel Energie, dass ich auch auf weit einfachere Planungsschritte in meinem Leben keine Lust mehr habe. Beispielsweise will ich bei meinem anstehenden Osakaaufenthalt die Weltausstellung besuchen. Hierzu sollte man frühzeitig Tickets kaufen und für den Eintritt Zeitfenster reservieren. Ein Browserfenster auf, eins wieder zu, so lief das gestern. Dabei gibt es Menschen, die nicht nur meine Freude an Reiseorganisation generell, sondern auch brauchbare Resultate im Speziellen bestätigen können *winkt in Richtung Herzbruch*

Das erste Angebot kam nach einem Telefonat in Art und Länge nicht unähnlich einer ärztlichen Konsultation. Dass weder meine Mutter noch ich Lust auf die sogenannten Gamedrives – das sindTierbeobachtungsfahrten in afrikanischen Safariparks – hatten, wohl aber auf Natur, insbesonders auf die Dünenlandschaft an der Namibianischen Küste, schilderte ich der Dame namens Bianca am Telefon. Eine Woche später war das Angebot im Postfach. Zwei Wochen mit ungefähr fünf Gamedrives und einem Nachmittag im Dünensand sprengten unser Reisebudget. Beim erneuten Anruf stellte sich heraus, dass Bianca im Urlaub war aber Helga, die mich wirklich, wirklich gerne geduzt hätte, sich jetzt mal so richtig ins Zeug legte. Angebot auf Angebot erreichte mein Postfach, die Antwortmail wurde jeden Tag länger. Leider wollte auch Helga nicht auf die Gamedrives verzichten, fragte aber genau nach, was wir denn sonst so sehen wollen würden. Um den Tierbeobachtungen zu entgehen, musste ich erst mal die schönsten Orte Namibias recherchieren, bis dato kannte ich ja nur die Livekamera am Wasserloch der Kalahari. Ein zweites und auch drittes Angebot wurde über die folgenden Wochen gemeinsam geklöppelt. Wohlgemerkt hatte Helga nur aus dem großen Topf ihrer üblichen Sehenswürdigkeiten und Unterkünfte zu schöpfen, während ichalle internationalen Flüge sowie den Abstecher zu den Victoriafällen am Ende zusammenstellte. Nach Angebot 3.2 rief ich wieder an. Obwohl Helga wie Katja – Helga war inzwischen im Urlaub – schriftlich und mündlich versicherten, dass der morgendliche Transfer zum Erreichen des internationalen Fluges am letzten Tag unserer Reise klappen würde, entdeckte ich in der Rechnung am betreffenden Tag einen nachmittäglichen Ausflug. Zu meiner Verteidigung kann ich sagen, dass der Link zur Reisebeschreibung nicht zuverlässig funktionierte und mich die Platzierung der Ausflüge in der täglichen Auflistung verwirrte. So wurde nach Anzahlung alles nochmals um einen Tag verschoben bzw. gekürzt, wobei zwei Übernachtungen zum Opfer fielen. Richtig, die Dünen wollte man streichen, denn da, so sagte Katja, sei jetzt nichts mehr frei. An dieser Stelle hätte ich gerne geweint. Am Ende ergab sich ein brauchbarer Kompromiss. Man könne uns am Dünenort einen Tag verweilen lassen und innerhalb der letzten Unterkunft für zwei Nächte zwei verschiedene Zimmer zuweisen. Meine Mutter kommentierte, das wenige Gepäck sei sicher schnell umgezogen.

Überhaupt ließ meine Mutter mir bezüglich der Planung freie Hand, was den Prozess einerseits erleichterte, andererseits aber am Ende die Entscheidungsfindung nicht unterstützte. Zu Beginn störte sie sich an der Gewichts- und Größenbeschränkung des Gepäcks. Da ich eine fast Achtzigjährige nicht jeden Tag hunderte von Kilometern im Jeep durch die Wildnis schaukeln kann, entschied ich mich für eine Flugsafari. Ein Viersitzer hat aber keinen Platz für die üblichen Hartschalenkoffer, und zehn Kilo Freigepäck sind wirklich nicht viel. Als Helga gestern im Namen der Airline unser Körpergewicht anfragte – Katja ist gerade im Urlaub – da befürchtete ich schon eine kleine Krise am anderen Ende der Telefonleitung. Im Ergebnis weiß jetzt der Pilot, wieviel er innerhalb der nächsten Monate abnehmen muss. Meine Mutter verzichtet dafür auf ihr Kameraequipment sowie den Reisefön. Die wichtigsten Kriterien in der Planungsphase waren für sie nämlich zwei getrennte Betten und ein Fön im Bad. Also ein Handfön mit Steckdose oder einer an der Wand. In einer Lodge mit Holz- oder offenen Zeltwänden. In der afrikanischen Wildnis. In Afrika. Noch habe ich dazu nichts gesagt. Alles andere wird sicher traumhaft. Und hinterher träume ich von hemmungslosem Geldausgeben bei gleichzeitig drohender Altersarmut. Aber immerhin habe ich dann kräftige Arme.

3 Gedanken zu „Travelling without Moving (2)“

  1. Ich hoffe, Sie haben einen tollen Urlaub!
    Und falls Sie beim nächsten Mal eine wirklich professionelle Reiseorganisatorin suchen, schauen Sie dich Mal bei einer guten Freundin von mir vorbei (Anm.: Werbelink gelöscht)

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      • Hallo Frau Klugscheisser,

        ich verstehe, wobei „lokale“ Reiseleiter natürlich auch bei Ihr vor Ort sind. Sie arbeitet da mit (lokalen) Partnern zusammen. Ich wollte auch keine Werbung hier spamen, dachte nur, ich gebe meine sehr guten Erfahrungen hier einfach Mal weiter 😉
        Nochmals schönen und erholsamen Urlaub!

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