Onehundredandfourtysix

Inzwischen bin ich innerlich dort angekommen, wo sich der Zustand an Freudlosigkeit in meinem Kopf als ‚Jammern auf hohem Niveau‘ absetzt. Ja, im Grunde habe ich alles, wonach sich andere sehnen. Und doch bleibt da diese große Traurigkeit, die sich mit nichts verscheuchen lässt. Heute beim Spazierengehen erinnerte ich mich an die Zeit meiner Kindheit und Jugend, in der alles so wahnsinnig spannend schien. Ich konnte es kaum erwarten, bis dieses oder jenes Ereignis eintreten würde – meist handelte es sich um Anlässe wie Geburtstage, Weihnachten oder eine nächste Klassenstufe, die ersehnten Ferien, der ersehnte Studienbeginn und so weiter. Was hätte ich damals für einen kleinen Blick in meine Zukunft gegeben. Heute bin ich froh, dass ich es nicht einmal erahnen konnte, denn ich wäre über das Scheitern, die vielen Tränen und Verzweiflung, sogar über die Tristesse des Alltags so erschrocken, ich hätte meine Zukunft nicht als lebenswert erachtet.

Obwohl ich mir Freiheiten erschaffen habe, um die mich jene beneiden, die sich im Angstelltenkorsett bewegen. Die Freiheit von existentiellen Sorgen und zeitlichen Beschränkungen, die mich nun mit ihrem Anspruch an sinvollem Ausfüllen fast erschlägt. Wo ist die Person, die von Neuem so begeistert war, dass sie sich tagelang nur damit beschäftigte, die einen unstillbaren Drang nach Begegnungen und Austausch hatte, die bereits als Kind nie heim wollte, sondern lieber nochmal bei den Nachbarn vorbeischauen, die rannte, tanzte, lachte, erzählte und sang, die den nächsten Tag kaum erwarten konnte?

Das Leben hat mich eingeholt und gestutzt. Jetzt laufe ich mit hängenden Flügeln die Straßen entlang, über die ich vor vielen Jahren noch geflogen bin.

Illustration: Henn Kim, fake happiness

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